Interview mit Steffi Stahl: Wie unsere Kindheit unser Leben prägt
In meinem heutigen Interview habe ich die Freude, mit der bekannten Psychologin und Bestseller-Autorin Steffi Stahl zu sprechen. Mit ihrer umfassenden Erfahrung als Therapeutin und ihrem Buch Das Kind in dir muss Heimat finden hat Steffi unzähligen Menschen dabei geholfen, die tief verwurzelten emotionalen Muster zu verstehen, die unser Verhalten und unsere Beziehungen prägen. Heute erklärt sie, warum die Auseinandersetzung mit dem „inneren Kind“ so wertvoll ist und wie wir destruktive Muster loslassen können, um positiver und freier zu leben.
Steffi beginnt das Gespräch mit einer einleuchtenden Erklärung, was das innere Kind überhaupt ist. „Das innere Kind ist sozusagen ein symbolischer Ort in uns“, erklärt sie, „wo unsere frühkindlichen Prägungen gespeichert sind. Die meisten dieser Prägungen entstehen schon in den ersten Lebensjahren und haben einen großen Einfluss darauf, wie wir uns selbst und andere wahrnehmen.“ Dabei betont sie, wie wichtig es ist, dass Kinder schon früh ein starkes Urvertrauen entwickeln und die Erfahrung machen, für ihr Sein und nicht nur für ihre Leistungen geliebt zu werden. „Viele Menschen lernen aber leider, dass sie sich Liebe verdienen müssen – das prägt dann das Selbstbild und die Beziehungen im Erwachsenenalter sehr.“
Ein Beispiel, das Steffi in ihrem Buch verwendet, zeigt gut, wie sich solche Prägungen auswirken: „Stell dir Michael vor. Er wächst mit drei Geschwistern auf, und seine Eltern haben eine eigene Bäckerei. Sie sind oft gestresst und haben wenig Zeit für ihn. Michael entwickelt unbewusst den Glaubenssatz ‚Ich bin nicht wichtig‘ oder ‚Ich bin eine Belastung‘. Später als Erwachsener fühlt er sich dann schnell verletzt, wenn ihm seine Freundin oder seine Kollegen nicht genug Aufmerksamkeit geben. Eigentlich reagiert er hier auf die alten Kränkungen seiner Kindheit – aber das wird ihm gar nicht bewusst.“ So werden alte Prägungen reaktiviert und beeinflussen das aktuelle Verhalten, oft ohne dass die Betroffenen dies merken.
Beziehungen, so Steffi, sind ein besonders guter Spiegel, um diese Muster zu erkennen, weil wir uns dort oft genau so verhalten, wie wir es in der Kindheit gelernt haben. „Manche Menschen reagieren stark über, wenn sie sich zurückgewiesen fühlen, andere haben Schwierigkeiten, überhaupt Gefühle zu zeigen und wirken dann distanziert oder kühl“, sagt sie. Der erste Schritt zur Veränderung, betont Steffi, sei die Selbsterkenntnis. „Es geht darum, sich selbst und seine eigenen Reaktionen zu reflektieren. Nur so kann man verstehen, dass bestimmte Verhaltensweisen oft gar nicht zum aktuellen Moment passen, sondern aus alten Erfahrungen stammen.“
Für die Veränderung dieser Muster hat Steffi den Begriff des „Sonnenkindes“ geprägt, das für das Potenzial steht, gesunde und positive Überzeugungen zu entwickeln. „Es geht darum, die alten Glaubenssätze durch neue, positive Überzeugungen zu ersetzen“, erklärt sie. „Wenn Michael sich beispielsweise den Glaubenssatz ‚Ich bin genauso wichtig wie alle anderen‘ antrainiert, dann kann er, wenn er sich zurückgesetzt fühlt, bewusst umschalten.“ Hier kommt das von Steffi entwickelte Mantra „Ertappen und Umschalten“ ins Spiel: „Sobald man merkt, dass man in alte Muster zurückfällt, hilft es, sich zu erinnern, dass die Gefühle eher mit der Vergangenheit zu tun haben und nicht unbedingt mit der aktuellen Situation. So kann man sich innerlich beruhigen und angemessen reagieren.“
Nicht jeder Mensch hat traumatische Erlebnisse oder schwere psychische Verletzungen, aber Steffi ist überzeugt, dass fast alle Menschen von einer solchen Selbstreflexion profitieren können. „Am Ende geht es darum, alte Muster zu erkennen und zu verändern, damit wir die Freiheit haben, im Hier und Jetzt glücklich und erfüllt zu leben.“ Diese Auseinandersetzung mit sich selbst sei zwar oft ein langer Prozess, aber die Mühe wert, um ein authentisches und selbstbestimmtes Leben zu führen.
In der abschließenden Zusammenfassung betont Steffi, wie wichtig es ist, sich mit den eigenen Prägungen auseinanderzusetzen, um sie zu verstehen und gegebenenfalls zu verändern. Indem wir erkennen, woher bestimmte Gefühle und Reaktionen stammen, können wir uns von alten, destruktiven Mustern befreien und neue, positive Glaubenssätze entwickeln. Auf diese Weise werden wir in der Lage, Beziehungen harmonischer zu gestalten und uns selbst und anderen mit mehr Mitgefühl zu begegnen. Mehr über Steffi’s Arbeit und das komplette Interview erfährst du hier:
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